Politische Beschlüsse
Beschreibung
Vieles lässt sich vor Ort unter Nachbar*innen oder den Aktiven in einer Initiative klären, manches mit den entsprechenden Ämtern. Bei größeren Fragen allerdings braucht es manchmal politische Beschlüsse - bei großen Veranstaltungen sind sie hilfreich, beim Umbau von Straßen oder der Benennung von Plätzen braucht es sie auf jeden Fall.
Deswegen hier - eine Schritt für Schritt-Anleitung, wie man als "Normal-Bürger*in" politische Beschlüsse erwirken kann.
Anleitung Schritt für Schritt
Position klären
Als erstes müsst ihr wissen, was ihr genau erreichen wollt. Oft ist ja ein Problem der Ausgangspunkt (z.B. Verkehrslärm) - dann braucht es eine Lösung, die von der Politik beschlossen und von der Verwaltung umgesetzt werden kann (z.B. eine Tempo30-Beschilderung).
Manchmal ist dies aber auch schwieriger, weil zwar manchmal das Problem in einer Nachbarschaft geteilt wird (z.B. Lärm) - aber es keinen Konsens über die Lösungen gibt (Bänke abbauen? Hinweisschilder?). Erst, wenn ihr euch selber einigermaßen klar seid, was ihr als Gruppe erreichen wollt, solltet ihr euch an die politische Arbeit machen.
In diesesr Phase kann es schon zu Konflikten und Widerstand kommen - wenn das politische Ziel nicht geteilt oder die politischen Maßnahmen nicht unterstützt werden. Lasst euch hierdurch nicht verunsichern und versucht Kritiker*innen einzubinden. Falls ihr partout nicht auf einen Nenner kommt, schaut, dass ihr die gröbste und für euch nachvollziehbaren Kritikpunkte addressiert.
Unterstützung organisieren
Zuständigkeit klären
Wichtig, um einen politische Beschluss zu erwirken, ist die "Zuständigkeit". Für alle politischen Gremien (und es sind eine Menge...) ist, mehr oder weniger klar, festgelegt, worüber sie entscheiden können und worüber nicht.
Grundsätzlich gilt hierbei:
- Die Verwaltung ist für Dinge im Alltagsgeschäft zuständig, die auch als "laufendes Geschäft der Verwaltung" bezeichnet werden. Dies sind Dinge, für die es keinen politischen Beschluss braucht oder die von bereits bestehenden politischen Beschlüssen abgedeckt sind. Ein Beispiel ist die Anlage von Fahrradständern.
- Die Bezirksvertretungen (kurz "BVen") entscheiden tendentiell regional bedeutsame Dinge - d.h. über den Verkehr in Neben- und Viertelsstraßen, über Grundschulen und primär von Nachbarn genutzt Parks und Kultureinrichtungen. In Köln gibt es neun Bezirke, von der Innenstadt ("Bezirk 1") bis Mülheim ("Bezirk 9") sind diese durchnummeriert. Diese Nummer findet ihr auch im Gespräch mit Politiker*innen wieder (so ist die "BV1" für die Innenstadt zuständig, etc.)
- Die Fachausschüsse, wie der Verkehrsausschuss oder der Umweltausschuss, entscheiden über größe Themen von überregionaler Bedeutung. Dies wären Bundes- und Landesstraßen beziehungsweise sonstige wichtige Straßen, die Bezirke verbinden - oder eine Kulturinstitution, die weit über den Stadtbezirk hinaus relevant ist (wie die Oper oder das Schauspielhaus).
- Bei sehr größen Themen ist der Rat der Stadt selber zuständig, vor allem, wenn es um große Geldsummen geht.
Wer wofür genau zuständig ist, ist in der (nicht besonders zugänglichen) Zuständigkeitsordung bzw. dem Abgrenzungskatalog geregelt, wobei manche Frage Auslegungssache sind. Alternativ könnt ihr auch bei der zuständigen Verwaltung oder bei Mitglieder der entsprechenden Gremien nachfragen.
Je nach Gremium könnt ihr euch dann, im Ratsinformationssystem über die richtigen Ansprechpartner*innen und, wichtig, die Mehrheitsverhältnisse in den Gremien informieren. Nur über direkte Ansprechpartner oder die Medien bekommt ihr raus, ob es, formelle oder informelle, Bündnisse in den Gremien gibt, die im Regelfall zusammen stimmen (momentan sind die auf Rats- und Ausschussebene zum Beispiel Volt, Grüne und CDU).
Die "drei Wege"
Wenn ihr wisst, was ihr wollt und wer zuständig ist, gibt es grundsätzlich drei Wege, einen Beschluss zu erwirken:
- per Bürgereingabe
- Verhandlungen (zuerst) mit den Ämtern
- Verhandlungen (zuerst) mit der Politik
Alle haben ihre Vor- und Nachteile, wie im folgenden erklärt.
Bürgereingaben & Co.
Bürgereingaben sind ein offizielles Instrument, um Anträge oder Themen auf die Tagesordnungen der Gremien zu bekommen. Es gibt unterschiedlichen Formate mit unterschiedlichen Verbindlichkeiten, diese sind in der Gemeindeordnung NRW geregelt:
- Anregungen und Beschwerden (§ 24 GO NRW): Diese kann jede*r Bürger*in an die Stadt richten. Es gibt keine Formvorgaben, eine normale Email mit dem Anliegen reicht. Diese wird im Normalfall von der Verwaltung mit einer Einschätzung versehen - zur rechtlichen Zulässigekeit oder zur technischen Umsetzbarkeit - und dann den politischen Gremien zur Entscheidung vorgelegt. Handelt es sich um eine Angelegenheit der Bezirksvertretung, werden der oder die Antragssteller*innen eingeladen und können ihre Angelegenheit vorstellen. Handelt es sich um eine Ausschuss- oder Ratsangelegenheit, werden diese in Köln im "Ausschuss für Anregungen und Beschwerden" behandelt.
- Einwohnerantrag (§ 25 GO NRW): Hierbei muss der Antrag mit einer gewissen Anzahl Unterschriften versehen werden - in Köln, aufgrund der hohen Einwohner*innenzahl, von 40.000. Im Gegenzug wird der Antrag direkt im Rat verhandelt (mehr Details stehen im Gesetzestext).
- Bürgerbegehren § 25 GO NRW): Hierbei wird eine öffentliche Abstimmung über eine präzise zu formulierende Fragestellung.
Positiv ist bei den genannten Optionen, dass ihr den Prozess und die genauen Formulierungen zu einem gewissen Grad in der Hand habt. Zudem ist, auch im Falle eines "Scheiterns" bei der Abstimmung, euer politischer Willen öffentlich dokumentiert. Auch das Rederecht in der Bezirksvertretung oder dem Ausschuss für Anregungen und Beschwerden kann ein wichtiges Argument sein.
Schwierig ist, dass ihr relativ lange mit der Unsicherheit leben müsst, ob es eine Mehrheit für eure Position gibt. Auch habt ihr wenig Einfluss darauf, welche Beschlussempfehlung die Verwaltung der Politik gibt. Und nicht zuletzt kann die Politik selber noch euren Beschluss abändern - wenn ihnen zum Beispiel nur ein Teil der Forderungen gefällt, oder sie in Details eine andere Regelung wollen.
Verhandlungen mit den Ämtern
Ein zweiter Weg ist, mit dem zuständigen Amt bzw. den zuständigen Ämtern Kontakt aufzunehmen und über euer Anliegen zu sprechen. Oft bekommt ihr hier schon eine fachlich qualifizierte Aussage zur Machbarkeit eurer Ideen. Zudem habt ihr direkten Kontakt zur Verwaltung, die ja in jedem Fall den politischen Beschluss am Ende umsetzen muss und euch oft gut sagen kann, welcher Beschlusstext rechtlich sicher, inhaltlich zielführend etc. ist. Zudem wird das Amt, wenn es von euren Vorschlägen wirklich überzeugt ist, diese auch an die Politik herantragen und dafür werben.
Wenn das Amt dann die politische Entscheidung anstoßen will, legt es den Gremien einen entsprechenden Antrag, auch "Vorlage" genannt, vor. Der Vorteil hierbei ist, dass das Amt die Machbarkeit bereits geprüft hat und die Politik oft der fachlichen Einschätzung der Verwaltung folgt. Der Nachteil ist, dass ihr darauf angewiesen seid, dass das Amt eure Anregung tatsächlich aufnimmt und in eine Vorlage verwandelt. Zudem taucht ihr eventuell in der Vorlage gar nicht mehr auf und habt kein automatisches Rederecht mehr (könnt aber von Politik und Verwaltung noch zu einem Vortrag / Stellungnahme eingeladen werden).
Verhandlungen mit der Politik
Der dritte Weg ist, mit politischen Akteuren Kontakt aufzunehmen.
Für konkrete politische Beschlüsse sind dies meist die Fraktionen in Rat- oder Bezirksvertretung bzw. die Arbeitsgruppen, die zu den jeweiligen Ausschüssen gehören. Je nach Zuständigkeit (siehe oben) solltet ihr euch also an die entsprechenden Ansprechpartner wenden.
Hierbei empfiehlt es sich, nicht nach persönlicher Parteipräferenz vorzugehen, sondern erstmal alle Fraktionen offen anzuschreiben und eine Chance zu geben, zu antworten und gemeinsam mit euch einen Antrag zu erarbeiten.
Dabei habt ihr zwei Optionen:
- Direkte, unabhängige Ansprechpartner sind, auf Bezirksebene, die Bezirksbürgermeister bzw. in den Ausschüssen die jeweiligen Ausschussvorsitzenden. Ihre findet ihre Kontakte wenn ihr im Ratsinformationssystem auf den Namen des entsprechenden Gremiums klickt. Ihr könnte auch um eine Weiterleitung an alle Gremienmitglieder bitten, um euer Anliegen direkt breit vorzustellen.
- Für ihre jeweiligen Fraktionen (Rat/Bezirksvertretung) bzw. für die Ausschuss-Arbeitskreise sprechen die Fraktionsvorsitzenden bzw. die fachpolitischen Sprecher. Diese sind leider im Ratsinformations-System nicht gekenntzeichnet.
Der Vorteil bei der Arbeit mit der Politik ist, dass die dort tätigen die Mehrheiten in den Gremien recht gut abschätzen und offenen Fragen untereinander klären können. Auch wissen sie oft, ob es schon bestehende Beschlüsse gibt oder auf welche rechtlichen Grundlagen oder welche (allgemeineren) Beschlüsse man sich beziehen kann.
Nach dem Beschluss ist die Verwaltung mit der Umsetzung beaufragt - muss allerdings noch prüfen, ob die beschlossenen Maßnahmen rechtlich zulässig sind.
Nach dem Beschluss... ist vor der Umsetzung
Ein politischer Beschluss ist gut - seine Umsetzung aber noch besser.
Hier gibt es, je nach Beschluss, verschiedene Schritte, die sich an den Beschluss anschließen können.
Einfach ist es, wenn die Umsetzung komplett bei der Verwaltung liegt. Dies wäre der Fall, wenn die Verwaltung einen Spielplatz sanieren oder Fahrradständer aufstellen soll. Hier ist vor allem Geduld angesagt, weil es in der Verwaltung einen ziemlichen "Rückstau" nicht umgesetzter Beschlüsse gibt.
Wenn es um eine finanzielle Förderung durch die Stadt geht, müsst ihr im Regelfall einen Förder- oder Zuschussvertrag mit der Stadt schließen. Hier kommt wieder die Fachverwaltung ins Spiel, mit der ihr den Vertrag sowie die Verwendung und Abrechnung der Mittel auf Basis des politischen Beschlusses vertraglich vereinbaren muss.
Bei der Nutzung von Räumen oder Gebäuden der Stadt braucht es im Normalfall einen Nutzungsvertrag (wie für andere Immobilien auch). Hier werden dann weitere Details geregelt, die in einem politischen Beschluss im Normalfall nicht vorkommen (wie die Miethöhe, Nebenkosten etc.)
Wenn ihr selber das Projekt umsetzen wollt, wie die Agora Köln den Tag des guten Lebens und dafür Bewilligungen der Stadt braucht, müsste ihr normalerweise nach dem politischen Beschluss noch einen separaten Antrag an die Stadtverwaltung stellen (bei Nutzungen im öffentlichen Raum zum Beispiel für eine Sondernutzungserlaubnis). Hierbei müssen im Normalfall noch weitere Unterlagen eingereicht werden, wie Stellpläne oder der Nachweis einer Veranstalterhaftpflicht.
Betroffene Ämter und Gesetze
- Kommunale Zuständigkeiten und Abläufe regelt in NRW die Gemeindeordnung NRW.
- Wer wofür genau zuständig ist, ist in der (nicht besonders zugänglichen) Zuständigkeitsordung bzw. dem Abgrenzungskatalog geregelt, wobei manche Frage Auslegungssache sind. Die grundsätzliche Regeln findet ihr in der Zuständigkeitsordnung, die Details im Abgrenzungskatalog.
- Alte Beschlüsse und Informationen zu den städtischen Gremien findet ihr im Ratsinformationssystem
- Ansprechpartner für die einzelnen Ämter der Stadtverwaltung findet ihr auf der Seite der Stadt Köln
Nützliche Websites
Beispiele
- Für den Tag des guten Lebens gibt es im Vorfeld Beschlüsse der jeweiligen Bezirksvertretungen. Hierfür schreibt das Team in Normalfall den*die Bezirksbürgermeister*in an und bittet um einen Termin. Die eigentliche Bewilligung des Tag des guten Lebens als Veranstaltung erfolgt durch das Ordnungsamt und wird dort separat beantragt. Hierbei muss auch ein Stellplan sowie ein Verkehrszeichenplan eingereicht werden.